Der Markt: Heimliche Bestseller und übersehene Mauerblümchen

Erfolgreiche Romane sind in der Regel handwerklich gut gemacht. Der Inhalt soll unterhalten, amüsieren und mitfiebern lassen. Im Idealfall erzeugt er sogar Aha-Momente beim Lesen.

Alle Punkte abgehakt? Prima. Dann steht dem Bestseller nichts im Weg, oder? Leider kommt jetzt der Haken: Der Selfpublisher-Markt ist nach meiner Einschätzung vor allem ein Markt für Romane, die in bestimmte Gattungen passen. Die Selfpublisherbibel benennt folgende Genres1:

  • Liebesromane,
  • Erotik,
  • Krimis und Thriller,
  • Fantasy,
  • Historische Romane,
  • Science Fiction sowie
  • Kinder- und Jugendbücher.

Fehlt da nicht etwas? Zwei meiner liebsten Autoren sind Haruki Murakami und Gabriel García Márquez. Ihre Romane lassen sich nicht in diese Genres einordnen. Wahrscheinlich lebte ich bis vor einem Jahr in meinem eigenen Elfenbeinturm, denn ich lese fast nur Romane, deren Genre-Einteilung eher Literaturwissenschaftler als Leserinnen beschäftigt. Den riesigen Rest des Literaturbetriebes nahm ich nur am Rande wahr. Vielleicht ahnst du es bereits: Natürlich passt auch „Die zwei Leben der Esther K.“ in keins der oben genannten Genres.

Auf dem Selfpublishing-Markt verkaufen sich jedoch hauptsächlich Titel aus den oben genannten Sparten. Für diese lässt sich auch viel gezielter Marketing betreiben.

Romane ohne Genre in der Verlagswelt

Bekommen solche Bücher nur im Selfpublisher-Markt wenig Beachtung oder auch in der Welt der Verlagsbücher? Zahlen dazu sind schwierig zu interpretieren. Die Spiegel-Bestsellerliste 2020 umfasst die gesamte Belletristik, ohne nach Genres zu unterteilen. Dafür gibt es drei separate Listen für verschiedene Buchformen: Hardcover, Paperback und Taschenbuch. Die elektronischen Bücher ignoriert sie komplett! Bücher ohne Verlag sowieso. Das macht es unübersichtlich. Bei den Top 10 der Paperbacks dominieren die Romane aus obigen Genres. Bei den etwas teureren Hardcovern und Taschenbüchern machen „genrelose“ Romane etwa die Hälfte aus. Meine Lieblingsbücher fristen also kein Schattendasein, dominieren den Markt der Verlagsromane aber auch nicht.

Selbst verlegte Romane als heimliche Bestseller?

Ja, das ist möglich! Der Liebesroman Als die Elefanten kamen von Claudia Meimberg erhielt über 3000 Rezensionen auf Amazon (Stand März 2021). Etwa eine von 40 Leserinnen hat meinem Buch bislang bewertet. Bei diesem Verhältnis ergeben sich für Meimberg 120.000 Verkäufe bzw. Leihen. Ein Bestseller fängt in Deutschland bei etwa 60.000 Verkäufen an. Auch wenn die Zahlen nur geschätzt sind: Sie sind beeindruckend. Und diese Bücher erscheinen auf keiner Spiegel-Bestsellerliste, sie verkaufen sich abseits vom etablierten Literaturmarkt als heimliche Bestseller. Ich freue mich für Claudia Meimberg und all die anderen, die es geschafft haben!

Die Selfpublisherbibel befragt seit 2013 jedes Jahr Selfpublisher zu ihren Einnahmen2. Letztes Jahr beteiligten sich daran 1895 Autorinnen, die mit ihren Büchern im Durchschnitt 952 € pro Monat umsetzten. Allerdings klafft hier eine große Schere: Jeder zweite verdient damit monatlich noch nicht mal 50 €. Etwa sieben Prozent (oder gut 130 Menschen) können mit mindestens 2000 € Einkommen pro Monat davon schon (bescheiden) leben. Etwa 57 von ihnen verdienen mit ihren Büchern sogar über 7500 € pro Monat. Ich habe in meinem erfolgreichsten Monat übrigens 85,17 € umgesetzt.

Gibt es Grenzen beim Verkauf?

Ich habe einmal hochgerechnet, wie oft sich ein Belletristik-Werk in Deutschland verkaufen kann: Der Thriller Der Heimweg von Sebastian Fitzek war 2020 der Verkaufsschlager hierzulande. Die genauen Verkaufszahlen habe ich nicht gefunden, nur den Hinweis, dass sie bereits in der Startwoche im sechsstelligen Bereich lagen3. Auf Amazon hat es gut 15.000 Bewertungen. Bei einer Bewertung auf 40 Verkäufe entsprächen das 600.000 Verkäufen alleine über diesen Onlinehändler. 80 Prozent der Bücher verkaufen sich aber nach wie vor über den klassischen Buchhandel4. Wenn es sich dort genauso gut verkauft hätte wie bei Amazon, läge es bei drei Millionen Exemplaren.

Mein vorläufiges Fazit

Zeitgenössische Literatur ist meiner Einschätzung nach zurzeit bei einem Verlag am besten aufgehoben. Literatur der populären Genres kann es dagegen auch ohne Verlag im Rücken nach oben schaffen. Aber wer weiß, vielleicht öffnet sich der Markt in Zukunft weiter?

Auch wenn es sich wie ein Trost für erfolglose Autorinnen anhört: Im Vordergrund steht der Spaß am Schreiben und die Freude darüber, damit andere Menschen zu berühren. Warum ich schreibe und wieso ich das veröffentliche – dazu gibt es bald einen eigenen Blogbeitrag.

Im Endeffekt gehört auch ein Quäntchen Glück dazu. Oder sogar ziemlich viel. Gutes Marketing hilft einem Werk aber auch. Dazu mehr im nächsten Beitrag.

Bild (lizenzfrei) von Canva
Quellen:

1 in der Selfpublisherbibel aufgelistete Genres

2Einnahmen von Selfpublishern 2020

3 www.buchreport.de/news/heimweg-zur-spitze/

4 Statistiken Buchhandel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert